Ein Foto mitten aus dem Geschehen, das alles erzählt. Doch was, wenn dieser Moment am Rechner nachträglich verändert wird? Darf man ein Auto-Kennzeichen unkenntlich machen oder einen störenden Pickel wegretuschieren? Wo die zulässige Optimierung endet und unzulässige Manipulation beginnt.
Unverfälschte Abbildung – oberstes Gebot im Journalismus
Nach dem AP Code of Ethics zur Pressefotografie ist es klare Pflicht: „AP pictures must always tell the truth. We do not alter or digitally manipulate the content of a photograph in any way”. Das bedeutet jegliche Hinzufügung, Entfernen oder Verfälschung von Bildbestandteilen ist tabu.
Grenzen der Bearbeitung: Was ist noch erlaubt?
Feinjustierung in Farbe, Kontrast oder Schärfe gilt als zulässig — solange die Darstellung in ihrer inhaltlichen Wahrheit bleibt. Militärische Standards etwa erlauben nur acht Arten unkomplizierter Korrekturen (z. B. Entstauben, Tonwertkorrektur) .
Motive dürfen nicht retuschiert oder verfälscht werden, auch kein Hinzufügen von Elementen – das überschreitet die journalistische Sorgfaltspflicht .
Richtlinien von Journalistenorganisationen
Redaktionen orientieren sich oft an Ethik-Regeln wie dem deutschen Pressekodex, der verlangt, dass Bearbeitung „weder entstellend noch verfälschend wirkt“. Programmatisch formuliert: Symbolfotos müssen entsprechend gekennzeichnet werden, und Manipulation, die den Wahrheitsgehalt verändert, ist untersagt.
Beispiele für unzulässige Bildfälschung
- Adnan Hajj/August 2006: Ein Freelancer ergänzte Flammen- und Rauchspuren in Kriegsfotos – was zur Zurücknahme durch Reuters führte.
- Historische Retuschen: Politische Regimes entfernten Personennis aus offiziellen Bildern – Lenin, Mao, Stalin und Hitler nutzten Fotomanipulation zur Geschichtsumschreibung .
Nachweis und Sanktionen
Der World Press Photo Kodex untersagt formelle Inszenierungen ohne Kennzeichnung. Wer manipuliert, verliert Glaubwürdigkeit. Wenn der Verdacht auf bewusste Täuschung besteht, ziehen Redaktionen Korrekturen oder Rücknahmen in Betracht – gemäß dem COPE-Workflow .
Neue Herausforderung: KI-generierte Bilder
Redaktionen experimentieren zunehmend mit generativen KI-Tools. Doch Transparenz ist Pflicht: Leser müssen wissen, wenn ein Bild algorithmisch erzeugt oder verändert wurde – das zeigen aktuelle Diskussionen in Deutschland, Australien und den USA.
Beispiele: Was erlaubt ist – und was nicht
Erlaubt sind beispielsweise:
- Helligkeit, Kontrast, Weißabgleich, Sättigung in maßvoller Form anpassen
- Schärfung oder Entrauschung
- Zuschnitt (Cropping), sofern der Kontext erhalten bleibt
- Entfernen technischer Artefakte (z. B. Staub auf dem Sensor)
- Verpixeln von Autokennzeichen oder Gesichtern, wenn es dem Persönlichkeitsschutz dient
- Dezente Retusche z. B. Pickel entfernen, sofern nicht dauerhaft und die Person erkennbar bleibt
Tabu sind:
- Entfernen oder Hinzufügen von Personen, Logos oder Gegenständen
- Verfälschende Retuschen, z. B. Hautglättung, Entfernen von Muttermalen oder sichtbarem Alter
- Inszenierungen, die als authentisch verkauft werden
- Filter mit starker Bildwirkung („Vintage“, „Moody“, „Cool Tone“ etc.)
- Übertriebene Sättigung, extreme Farbkontraste oder Vignetten, die das Bild emotional dramatisieren